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GELD UND GESCHÄFTE

Gute Freunde

Salomon Pomeranz war ein reicher Heereslieferant in Wilna. Sein Wohltun war über die Maßen, hunderte Juden lebten von ihm und viele waren stolz darauf, Salomon Pomeranz' Freunde zu sein.
Es fügte sich aber, daß er bei einer Lieferung sein ganzes Vermögen verlor; in weitem Umkreis sprach man von Pomeranz' Glück und Ende. Die Freunde aus seiner Glanzzeit verließen ihn; beinahe leugneten sie, jemals mit ihm befreundet gewesen zu sein.
Wieder erstrahlte sein Glück. Er gewann einen großen Prozeß gegen den Staat und erhielt eine Summe, wodurch sein Wohlstand mehr aufs neue befestigt war.
An einem Festtage stand Pomeranz am Fenster und blickte auf die Straße. Er sah eine ganze Schar seiner alten Freunde herankommen; sie wollten ihm am Festtag ihre Ehrerbietung erweisen.
"Stellt rasch die Geldkasse auf den Tisch!", rief er den Dienern zu.
"Was hat das zu bedeuten?", fragten die Freunde, als sie das Empfangszimmer betraten und die große Sicherheitskasse auf dem Festtisch stehen sahen.
"Das hat zu bedeuten," erwiderte Pomeranz, "daß ihr nicht zu mir, sondern zu meinem Gelde gekommen seid!"


"Schimschali Ganew!"

In Kolomea lebte ein wohlhabender und angesehener Pelzhändler namens Simson Hübner, der ein seltener Witzling war. Seine schlagfertigen Witze sind noch heute in Erinnerung und man nennt ihn bis auf den heutigen Tag "Schimschali Ganew" (1). Er pflegte zu den großen Messen und Jahrmärkten zu fahren. Nun hatte er die Gewohnheit, wenn er auf dem Jahrmarkt ein gutes Geschäft gemacht hatte, bei seiner Rückkehr ein düsteres Gesicht zur Schau zu tragen und abends im Hause kein Licht zu machen. Schnitt er aber schlecht ab, dann wurde sein Haus festlich beleuchtet; auf seinem Angesicht lag große Freude ...
Ein Freund, der mit seinem Geschäftsgang vertraut war, fragte ihn einst, was diese "Verkehrtheit" zu bedeuten habe.
Lachend antwortete Schimschali: "Ich will dir das Geheimnis verraten! Du weißt doch, wie neidisch und schadenfroh die Menschen sind. Auch ich habe Neider und Feinde. Wenn ich daher ein gutes Geschäft mache, so zünde ich keine Kerze an, denn ich sage mir, ich bin froh und glücklich — sollen auch meine Feinde froh und glücklich sein und vermeinen, dass ich Geld verloren habe. Wenn ich aber Geld verliere und mein Herz voll Gram ist, lasse ich das Haus erhellen: Sollen sie glauben, dass ich viel verdient habe und sich darüber recht ärgern."

1 Wörtlich: Dieb; in der jiddischen Volkssprache Benennung für einen Spitzbuben, schlauen Menschen.


Wozu die Reichen Geld haben

Chajim Selig Slonimsky pflegte oft von den reichen Juden Warschaus Unterstützungsgelder zu verlangen, um seine hebräischen Bücher herausgeben zu können.
"Ich nehme von den Reichen die Gelder", sagte er einst zu einem Freunde, "damit auch sie einmal eine reine Freude haben."


Der Sternsucher

In jungen Jahren lebte Chajim Selig Slonimsky, der ein großer Kenner der Sternkunde war, in sehr bedrängten Verhältnissen. Er glaubte, einen neuen Stern entdeckt zu haben und forschte ohne Unterlaß, um des Sterns Raum und Ursprung zu finden.
Einst setzte ihm seine Frau arg zu, daß er sich endlich einem praktischen Beruf zuwenden solle. "Geduld", rief der verträumte Ehemann, "Geduld, bis ich den Stern richtig gefunden habe, dann werden wir keine Not mehr kennen."
"Ich denke", sagte die Frau in ihrer Erbitterung, "du wirst eher zehn Sterne am Himmel entdecken als einen Rubel auf Erden!"


Von Eseln, Schriftstellern und Kritikern